„We can replace an outdated monocultural male view of culture and heritage“

Am 13. Juli 2001 gibt es erstmals in Oberösterreich einen Erfahrungsaustausch von Praktikerinnen im Frauen-Kultur-Networking aus verschiedenen europäischen Ländern. FIFTITU% und InfoRelais laden zu einer Podiumsdiskussion. Aus diesen Anlaß sprach die KUPF-Zeitung mit Patricia Adkins Chiti von der Foundation Donne in Musica. Diese Italienische Frauenkulturinitiative wurde 1978 mit der Frage “Was denkst Du, was wir für Frauen im Bereich der Kunst und Kultur tun können?“ gegründet.

Patricia Adkins Chiti, können Sie uns etwas über die Entwicklung von Donne in Musica erzählen?

    Ich sammle Musik von Komponistinnen seit meiner Teenagerzeit und konnte nie verstehen, warum in den Bibliotheken und Museen soviel Musik von Frauen zu finden war - aber sowenig in den Geschichtsbüchern.
    Ich habe ein erstes Festival in Rom geplant und gab ihm den Namen „Donne in Musica“. Weitere folgten dann in den 80-er Jahren in Rom, Neapel, Venedig und anderen kleineren Städten Italiens und dann schrieb ich mein erstes Buch mit dem selben Titel. Zwischen 1994 und 1996 gestaltete ich eine TV-Sendung mit dem Namen „Donne in Musica“ im nationalen Fernsehen und als Ergebnis lud mich die Stadt Fuiggi ein, meine Sammlungen von Partituren, Büchern und CDs zu nehmen und eine internationale Foundation zu gründen.
    Die Foundation wurde 1995 offiziell gegründet und wurde Mitglied des International Music Council der UNESCO. Heute haben wir unseren Stützpunkt in Fuiggi und ein Netzwerk in 92 Ländern.

Was sind die wichtigsten Ziele und Aktivitäten von Donne in Musica?

    Die Foundation arbeitet nicht-kommerziell und kümmert sich um alle Arten von Musik, die von Frauen komponiert wurde - von klassischer, tradioneller, popularer bis elektronischer Musik - in jedem Jahrhundert und jedem Land. Dazu fördert Donne in Musica die Forschung, Archivierung und Registrierung von Dokumenten und Musik und pflegt Kontakte mit Bibliotheken und Musik-Dokumentations-Zentren in der ganzen Welt und betreibt selbst ein Frauen-Musik-Archiv in Fiuggi (über 15.000 Tonträger von Komponistinnen, Bücher, Dokumente). Donne in Musica unterstützt Studien, engagiert sich in historischer und musikwissenschaftlicher Forschung, nimmt an Treffen und Seminaren teil und fördert bzw. entwickelt Publikationen, Kataloge und kulturelle Austauschprogramme. Regelmäßig werden in verschiedenen Regionen in Italien Konzertserien, Festivals und Radio- wie Fernsehsendungen organisiert. Netzwerkarbeit, Konsultationen für die Regierung und Europäischen Institutionen und Lobbyarbeit für Frauen in der Musik spielen ebenso eine wichtige Rolle.
    Inhaltlich folgen die Aktivitäten der „Declaration of Women in Music“, die seit 1996 immer wieder überarbeitet wird.

Wie finanziert sich Donne in Musica?

    Wir bekommen einige Förderungen von staatlichen Körperschaften (wo wir regelmäßig Anträge stellen müssen), Förderungen von großen Sponsoren (Banken, kommerzielle Unternehmen) und Gelder für spezielle Events (Konzerte, Publikationen, Festivals, Symposien, musikwissenschaftliche Projekte).

Wie organisieren Sie ihre Aktivitäten?

    Die Foundation wird von einem Board of Governors betrieben. Hier werden alle adminstrativen und künstlerischen Entscheidungen getroffen
    Ein International Hounour Committee, zusammengesetzt aus Repräsentantinnen von Frauenmusik-Organisationen aus verschiedenen Ländern (Komponistinnen, Musikwissenschaftlerinnen und kulturellen Persönlichkeiten) macht künstlerische Vorschläge und hilft bei der Informations- und Nachrichtenweitergabe in den Ländern, die die Mitglieder repräsentieren.

    Die künstlerische Leitung wird von mir selbst wahrgenommen, ich werde dabei von meinem persönlichen Sekretariat und von Projektmitarbeiter/innen unterstützt. Auch unterstützt mich das Board of Directors.

    Eine Teil der Arbeit wird in Rom mittels Telefon, Fax, Computer und Internet erledigt, unsere Zentrale haben wir aber in Fiuggi. Dort ist auch unsere Bibliothek und unser Archiv.
    Wir haben wenig fixes Personal, nutzen aber viele externe Dienstleister/innen und beschäftigen Projektkräfte. Wir arbeiten aber nicht mit Ehrenamtlichen; außer jemand vom Honour -Comitee unterstützt uns punktuell. Wir bevorzugen Personal zu bezahlen, wenn auch manchmal gering, weil wir dann sicher sein können, daß etwas das getan werden muß, auch wirklich getan wird.

Wie ist Donne in Musica in politische Strukturen involviert?

    Als Non-Profit-Organisation sind wir parteipolitisch nicht gebunden und arbeiten für Frauen aller Rassen, Religionen, Hautfarben und politischen Orientierungen. Natürlich habe ich eine private politische und religiöse Einstellung, doch als Präsidentin der Foundation bin ich als nicht parteipolitisch-gebundene Person bekannt. Ich habe in verschiedenen nationalen Kommissionen in Italien mitgearbeitet und in letzer Zeit auch in internationalen Organisationen. Ich war Mitglieder der staatlichen Gleichbehandlungskommission und Konsultantin sowohl des Kultur- als auch des Gleichbehandlungsministeriums und auch in Projekte der EU-Kommission involviert.

Ist diese Arbeit erfolgreich?

    Ganz klar schafft diese Arbeit Sichtbarkeit für weibliche Musikerinnen und ich konnte Türen für andere Frauen durch meine Arbeit öffnen. Ich denke, immer wenn Frauen Türen öffnen und gut arbeiten, dann säen sie Samen und schaffen Möglichkeiten für andere Frauen. 1998 überzeugte ich unsere staatliche Gleichbehandlungskommission ein Forschungsprojekt betreffend Frauen in Kunst und Kultur in Italien zu unterschreiben und wir konnten unseren ersten italienischen Kongreß für Frauen in Kunst und Kultur organisieren. Und nun, 2001, ist ein landesweiter runder Tisch für Frauen in Kunst und Kultur eingerichtet. Auch schafften wir es das Sozialministerium und das Wirtschafts- und Arbeitsministerium zu überzeugen, daß Künstler/innen „atyische“ Beschäftigte sind und darum spezielle Möglichkeiten der Versicherung und sozialstaatlichen Absicherung brauchen.

Arbeiten Sie mit Männern in Ihrer Organisation zusammen? Warum?

    Wir haben einiges Männer in unserer Organisation. Wir meinen, daß wir, um gleiche Rechte und mehr Öffentlichkeit für Komponistinnen zu erreichen, gute Arbeitsbeziehungen zu Männern haben müssen. Wir setzen männliche Musiker ein, um die Musik von Frauen zu spielen und wir beschäftigen männliches Personal, wenn es sinnvoll und notwendig ist.

Konzentrieren Sie sich bei Ihrer Arbeit ausschließlich auf Frauen in der Musik?

    Schwerpunktmäßig arbeiten wir mit Frauen in der Musik. Doch arbeiten wir auch mit Frauen aus anderen Sparten zusammen - Theater, Kino, Bildende Kunst, Literatur - und versuchen Repräsentatinnen dieser Sparten in unseren eigenen Aktivitäten zu integrieren. Jede Künstlerin hat eine Reihe von Anliegen, Problemen und Fragen, die Arbeit, Promotion, Sichtbarkeit und sogar soziale Absicherung betreffen, aber es gibt Unterschiede in den Sparten. Zum Beispiel haben die meisten Balletttänzerinnen ihren Höhepunkt Mitte 30 überschritten und wechseln dann in ein anderes Arbeitsfeld; Komponistinnen und Bildende Künstlerinnen erreichen Ihre Reife in einem mittleren Alter oder sogar später und arbeiten oftmals bis sie 90 sind.

Gibt es in Italien Frauen-Kultur-Initiativen in anderen Sparten?

    Es gibt nationale Organisationen, die mit Frauen in Theater, Kino, in der Bildenden Kunst , in den Medien und in der Literatur arbeiten. Zwei eigene Organisationen für Frauen im Tanz entstehen gerade.

Welche Aktivitäten von Donne in Musica sind für andere Sparten vergleichbar?

    Ich denke, daß unsere Arbeit in der Foundation gut für andere Bereiche evaluiert werden kann. Es gibt eine Reihe an Regeln, die ich für wichtig halte: Die Schaffung von Archiven (wenn Frau ihre eigene Geschichte nicht kennt, wie kann sie entscheiden, wohin es gehen soll?), die Organisation von Events, um Frauen in den Medien und damit in einer breiten …ffentlichkeit sichtbar zu machen, nationale und internationale Netzwerkarbeit. Und zu erreichen, daß frau sich selbst „institutionalisiert“ - eine Organisation schafft, die von den Entscheidungsträger/innen wahrgenommen wird. Sonst hat die Organisation zuwenig Background, um staatliche, europäische und internationale Förderungen zu erhalten.

Email-Interview, Übersetzung aus dem Englischen, Kürzen und Redigieren des Textes
Andrea Mayer-Edoloeyi

Andrea Mayer-Edoloeyi, cultural worker - dzt. im Soziokulturellen Zentrum „die börse“ in Wuppertal/BRD, bis 2000 Kulturarbeit in Oberösterreich (KV Kanal, KUPF, FIFTITU, FRO, ...), Autorin der Studie „Platz nehmen! Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur“



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